Byzantiner, Langobarden, Normannen und Staufer


Zum Anfang Byzanz

Nach dem Zusammenbruch des Ostgotenreiches gelangten der Süden Italiens und die Insel Sizilien unter byzantinische Herrschaft. Durch den Ansturm muslimischer Heere bedrängt, verlegte Kaiser Konstans II. im 7. Jahrhundert sogar seine Hauptstadt für kurze Zeit von Konstantinopel nach Syrakus auf Sizilien.

Obwohl die byzantinisch-griechische Ostkirche und die lateinische Kirche des Westens sich erst mit der großen Kirchenspaltung von 1054 endgültig trennten, gab es bereits lange vorher immer wieder Auseinandersetzungen und unterschiedliche Interessen, die auch zu politischen Spannungen führten, unter anderem zwischen dem byzantinischen Kaiser und dem Papst. In der Zeit der byzantinischen Herrschaft wurde die Kirche in Unteritalien und Sizilien nicht nur dem Patriarchen von Konstantinopel unterstellt, sondern auch in Sprache und Ritus vollständig griechisch geprägt.

Zum Anfang Die Langobarden

Ein weiterer Machtfaktor wurden seit dem 6. Jahrhundert die germanischen Langobarden, die neben dem Königreich mit der Hauptstadt Pavia mehrere fast selbständige Herzogtümer im Süden errichteten. Nach einer Phase der Stärkung des Königreiches blieben diese südlichen Gebiete als selbständige Herrschaften bestehen, als Karl der Große in den Jahren 773 und 774 das Langobardenreich eroberte. Mit Karl dem Großen, der im Jahre 800 vom Papst zum Kaiser des Römischen Reiches gekrönt wurde, regierte das Königreich Italien erstmals ein Herrscher, dessen Machtzentrum nördlich der Alpen lag. Unter dem deutschen König und (römischen) Kaiser Otto I. wurde Mitte des 10. Jahrhunderts der nördlich des Kirchenstaates gelegene Teil Italiens schließlich als "Reichsitalien" endgültig zum festen Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches, wobei in der Folgezeit je nach dem politischen und militärischen Kräfteverhältnis die Kaiser auch immer wieder Anspruch auf Unteritalien erhoben. Aus diesem Grund geriet der Papst als Herr des Kirchenstaates in Mittelitalien wiederholt mit den ihn umgebenden Mächten in Konflikt.

Zum Anfang Das arabische Kalifat

Bereits unter der Dynastie der Umayyaden (661–750) breitete sich das arabische Kalifat weiter nach Westen aus. Die erfolglose Belagerung Konstantinopels im Jahre 718 und die Schlacht bei Tours und Poitiers, bei der das Eindringen muslimischer Heere in das Frankenreich verhindert wurde, markieren das weiteste Vordringen in jener Zeit. Mit der folgenden Dynastie der Abbasiden verlagerte sich der Schwerpunkt des Kalifats nach Osten, was auch durch die Verlegung der Hauptstadt von Syrien (Damaskus) in den Irak (Bagdad) deutlich wurde. Bereits im 9. Jahrhundert verlor der Kalif in Bagdad zunehmend an Einfluß und war schließlich kaum mehr als das geistliche Oberhaupt der Muslime. In vielen Gebieten des Kalifats wurden die dort ansässigen Fürsten weitgehend selbständig und begründeten eigene Dynastien, die nur noch nominell dem Abbasidenkalifen unterstanden. In Nordafrika waren dies unter anderem die Aghlabiden von Kairouan (801–909), die von 827 bis 902 die Insel Sizilien eroberten und Kriegszüge bis nach Rom unternahmen. Einige Gebiete Unteritaliens standen jahrzehntelang unter ihrer Herrschaft.

Zum Anfang Sizilien unter dem Islam

Am dauerhaftesten blieb die Insel Sizilien muslimisch. Als in Nordafrika die schiitische Dynastie der Fatimiden die Aghlabiden ablöste, verselbständigte sich die Dynastie der kalbidischen Emire auf Sizilien. Die Fatimiden führten ihre Abstammung auf Fatima, die Tochter des Propheten Muhammad, und ihren Mann Ali zurück und legten sich deshalb – gegen die abbasidischen Kalifen – den Kalifentitel bei. Nach der Eroberung Ägyptens (969) verlegten sie die Hauptstadt nach Kairo, wodurch die als Statthalter zurückgebliebenen Ziriden von Tunis bald weitgehend selbständig wurden.

Obwohl Kaiser Otto II. in den Jahren 980 bis 983 nach Italien zog, veranlaßt durch muslimische Angriffe auf die langobardischen Fürstentümer und Spannungen mit Byzanz, und Kaiser Heinrich II. sich 1021 und 1022 gegen die Byzantiner wandte, waren am Anfang des 11. Jahrhunderts die politischen Verhältnisse nur wenig verändert. Südlich des Kirchenstaates lagen die langobardischen Fürsten- und Herzogtümer fast ständig im Streit mit dem byzantinisch beherrschten Gebiet, das aus Apulien und Kalabrien bestand. Dieser Gegensatz verschärfte sich noch durch die zunehmenden Spannungen zwischen Ost- und Westkirche, da in Apulien und Kalabrien griechische Bischöfe residierten, während die langobardischen Gebiete der geistlichen Gewalt lateinischer Bischöfe und damit auch des Papstes unterstanden.

Zum Anfang Die Normannen

San Giovanni degli Eremiti, Palermo (1132) Um 1000 tauchten erstmals Ritter aus der Normandie in Unteritalien auf, wahrscheinlich im Zusammenhang mit Pilgerfahrten nach Jerusalem. In den folgenden Jahrzehnten erwähnen die Quellen normannische Ritter, die gemeinsam mit Langobarden gegen die Byzantiner kämpften. Sie waren ebenfalls im Dienste langobardischer Fürsten und Herzöge zu finden, die sich gegenseitig befehdeten. Schließlich begannen einige, die Herrschaft selbst an sich zu reißen, statt anderen zu dienen, wobei Ritter aus der Familie Hauteville besonders erfolgreich waren. Die byzantinische Herrschaft in Unteritalien wurde beendet, und dem Papst gelang es nach einigen Auseinandersetzungen, von den Normannen die Anerkennung als oberster Lehnsherr zu erlangen. In der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts eroberten normannische Ritter dann die langobardischen Gebiete und die unter der Herrschaft mehrerer muslimischer Emire stehende Insel Sizilien.

Nach der Vereinigung aller normannischen Gebiete begründete Roger II. aus dem Hause Hauteville im Jahre 1130 das Königreich Sizilien. Mit diesen Eroberungen verbunden war auch eine schrittweise Ausweitung der lateinischen Kirchenorganisation durch Schaffung neuer (lateinischer) Bischofssitze und Neubesetzung der durch Tod freigewordenen griechischen Bistümer. Roger I. hatte vom Papst besondere kirchliche Rechte und den Rang des päpstlichen Legaten auf der Insel Sizilien erhalten, was die Stellung des normannischen Königtums gegenüber dem Papst entscheidend stärkte. Roger II. war schließlich so mächtig, daß er seinen Einfluß auf Teile Nordafrikas ausdehnen konnte. Noch bis zum Ende der staufischen Herrschaft mußten die Herrscher von Tunis einen jährlichen Tribut entrichten.


Zum AnfangDie Staufer

Dem Papsttum bereiteten in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts allerdings nicht nur die Normannen Schwierigkeiten, auch nachdem sie seine Lehenshoheit anerkannt hatten. Besonders zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. erreichte der sogenannte Investiturstreit um die Einsetzung der Bischöfe seinen Höhepunkt. Während ursprünglich die weltliche Macht der Päpste im Vergleich zu den fränkischen und sächsischen Kaisern deutlich geringer gewesen war, strebten die geistlichen Herrscher über die westliche Christenheit nun immer mehr nach der alleinigen Herrschaft im Abendland. Damit einher ging die systematische Schwächung der kaiserlichen Position in Reichsitalien und der Versuch, mit der Kreuzzugsbewegung auch politische Ziele zu erreichen.

Im Nahen Osten hatten 1055 die aus Mittelasien kommenden Seldschuken Baghdad erobert. Anschließend gingen sie gegen die Fatimiden vor und eroberten unter anderem Jerusalem und Syrien. Im 1. Kreuzzug (1096–1099) entstanden aus den von christlichen Rittern besetzten Gebieten die Kreuzfahrerstaaten, unter denen das Königreich Jerusalem die wichtigste Rolle spielte. Nachdem der erste Herrscher der Ayyubiden-Dynastie Sultan Salah ad-Din (Saladin) Yusuf im Jahre 1187 Jerusalem zurückerobert hatte, sollte der 3. Kreuzzug die Heilige Stadt wieder unter christliche Herrschaft bringen. Auf diesem Zug, bei dem am Ende nur ein Waffenstillstand und die Erlaubnis von Pilgerbesuchen erreicht werden konnten, starb Kaiser Friedrich I. Barbarossa.

Diesem war es gelungen, das aufstrebende Geschlecht der Welfen zu zügeln und die kaiserliche Macht auch südlich der Alpen wieder zu festigen, doch hatten ihm die oberitalienischen Städte zum Teil erbitterten Widerstand geleistet. Die Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Papst waren zwar 1122 durch das Wormser Konkordat beendet worden, aber das jahrzehntelange Ringen um die Erhaltung des Reichskirchensystems hatte die Stellung der Kaiser gegenüber den Reichsfürsten in Deutschland und ihren Einfluß in Reichsitalien geschwächt.

Mit Heinrich VI. folgte auf Friedrich I. Barbarossa ein außerordentlich durchsetzungsfähiger und starker Herrscher. Durch seine Heirat mit Konstanze, der Tochter Rogers II., wurde er nach dem Aussterben der Dynastie de Hauteville in direkter Linie zum Erben des Königreichs Sizilien, wodurch das Papsttum in eine territoriale Umklammerung geriet. Auch die selbstbewußten oberitalienischen Städte sahen sich nun einem Kaiser gegenüber, der eine feste Machtbasis im Süden Italiens besaß, die darüber hinaus erhebliche finanzielle Mittel liefern konnte. Hartnäckig verfolgte Heinrich VI. zudem seinen Plan, die Königsherrschaft in Deutschland erblich zu machen, und es gelang ihm, seinen damals erst zweijährigen Sohn Friedrich 1196 zum König wählen zu lassen.

Zum Anfang Friedrich II.

Der frühe Tod Heinrichs veränderte die Lage allerdings entscheidend. Im Königreich Sizilien wurde der unmündige König Friedrich ein Spielball widerstreitender Interessen deutscher und sizilischer Barone. In Deutschland wählte man Philipp von Schwaben, den Bruder Heinrichs, zum König und später den Welfen Otto IV. zum Gegenkönig. Der Papst nutzte diese Situation, um seine Macht entscheidend zu erweitern. Als Lehnsherr Siziliens und Vormund Friedrichs nahm er auf das Geschehen im Königreich soweit als möglich Einfluß. Obwohl er für die rechtmäßigen Interessen seines auch schon zum deutschen König gewählten Mündels hätte eintreten müssen, erkannte er Otto IV. an und krönte ihn schließlich in Rom zum Kaiser. Als dieser aber begann, die alten Ansprüche der Kaiser auf Italien zu verwirklichen und in das Königreich Sizilien einfiel, bannte Innozenz III. den Welfen und schlug den deutschen Fürsten Friedrich als König vor.

Friedrich II. stand am Anfang seiner Herrschaft als deutscher und sizilischer König formell in der Nachfolge seines Vaters, doch hatten die deutschen Fürsten und die sizilischen Barone die langen Jahre der Wirren weidlich genutzt. Zwar gelang es ihm nach der Kaiserkrönung im Jahre 1220 relativ schnell, wenigstens in Sizilien wieder Fuß zu fassen und einen zentralisierten Beamtenstaat aufzubauen, doch waren hierfür in der Normannenzeit bereits die Grundlagen gelegt worden. In Deutschland mußte sich Friedrich II. darauf beschränken, wenigstens den weitesten Vorstößen der Fürsten zu begegnen. Die politischen Erfolge und die Ansprüche Friedrichs ließen ihn schnell in einen erbitterten Gegensatz zum Papst geraten. Dieser sah sich erneut der Gefahr der Umklammerung ausgesetzt. Das kaiserliche Verständnis von der Weltherrschaft stieß inzwischen auf ein Papsttum, das nicht nur im geistlichen Bereich Universalität beanspruchte, sondern auch die politischen Grundlagen seiner Macht erweitert hatte und die Schwächung des Kaisertums ausnutzen konnte.

Bereits anläßlich seiner Königskrönung in Aachen im Juli 1215 hatte Friedrich II. das Kreuzzugsgelübde abgelegt. Als er schließlich 1228 aufbrach, trug er den durch seine Heirat mit Isabella (der Tochter des Titularkönigs von Jerusalem, Johann von Brienne, auch Jolande oder Jolanthe genannt) erworbenen Titel eines Königs von Jerusalem, doch trat er diesen Kreuzzug als Gebannter an. Der machtgierige Gregor IX. hatte ihn formal wegen der Verzögerung der Kreuzfahrt mit dem Kirchenbann belegt, allerdings weist der Einmarsch päpstlicher Truppen in das Königreich Sizilien während der Abwesenheit Friedrichs auf die wahren Gründe dieses Schrittes hin. Trotz dieser denkbar ungünstigen Voraussetzungen wurde der Kreuzzug ein Erfolg. Ohne größere Kampfhandlungen kam es zu einem Vertrag mit dem ayyubidischen Sultan al-Kamil, der Jerusalem, Bethlehem und Nazareth abtrat. Dieses Ergebnis wurde schließlich etwa ein Jahr nach der Rückkehr Friedrichs und seiner Lösung vom Bann auch durch den Papst anerkannt.

Die Jahre nach dem Kreuzzug waren geprägt von den Anstrengungen des Kaisers, das Erworbene zu festigen. Besonders die Gesetzgebung in seinem Erbkönigreich Sizilien legt davon beredt Zeugnis ab. Doch die Auseinandersetzungen mit dem Papsttum, die unglückliche Regierung seines Sohnes Heinrich in Deutschland und vor allem die Kämpfe mit den oberitalienischen Städten zwangen ihn immer wieder zum militärischen Handeln. Als er unerwartet 1250 starb, gelang es seinen Nachfolgern nicht mehr, den Zerfall des Reiches aufzuhalten. In Deutschland endete mit dem folgenden Interregnum – der kaiserlosen Zeit – die Epoche des mittelalterlichen Kaisertums. Nach einem kurzen Zwischenspiel von Friedrichs Sohn Manfred als sizilischem König gab der Papst das Königreich 1265 Karl von Anjou zum Lehen, der Manfred in der Schlacht von Benevent besiegte und am 29. Oktober 1268 den letzten Staufer, den 16jährigen Konradin, in Neapel hinrichten ließ.

Das Staunen der Welt: Das Morgenland und Friedrich II. (1194–1250) / [Katalog zur gleichnamigen Sonderausstellung im Museum für Islamische Kunst,Staatl. Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, 26.12.1994–12.3.1995, verlängert bis 3.9.1995]. – Berlin : Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, 1995. – (= Bilderheft d. Staatl. Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz ; 77/78), ISBN 978-3-7861-1856-5, S. 9-13.

 

 

aktualisiert: 18.12.2017